top of page

Love Hurts...! (Essay)

Retrospective "Ich habe mich weit geöffnet, habe mich entblößt vor dir. Meine Seele war dein, meinen Körper habe ich dir ganz und gar überlassen. Ich bat dich, meine tiefsten Geheimnisse zu erleben bis zur Extase, du solltest sie hüten und bewahren. Du hast sie mit Vorsatz verraten, mich leichtfertig verkauft.


Jetzt bin ich nackt. Du sahst mich, wie kein anderer es jemals zuvor tun durfte und hast mir meine Obsessionen mit lieblicher Zunge entlockt. Die Kleider, die ich trug, waren deine Fantasie. Nur dir erlaubte ich, mich zu schmecken wie du es mochtest, zu hören in Tönen nach deinen Wünschen und zu fühlen an Stellen deines Begehrens. Ich habe mich dir hingegeben, weil ich dich liebte. Ohne Bedingung, ohne Vorbehalte – ohne Vorsicht vor Verletzungen. Ich habe erlebt, genossen und gelernt, Vertrauen gehabt, dich blind geliebt und mich selber neu gefunden.


Jetzt bist du weg, ich war dir nicht mehr genug. Gebogen bin ich nun, zu sehr in deine Richtung. Ich fühle keine Haltung mehr. Ich war zu schwach und du zu stark, hab‘s nicht gemerkt, zu spät erkannt. Nun kann ich alles sehen und lesen – auf Facebook, Google und im Blog. Du hast mich vergewaltigt vor allen Augen, virtuell im Web 2.0. Ich traue nicht dem was ich sehe, nicht mal mehr dem eigenen Spiegelbild.


Ich hab geliebt, gegeben und vertraut. Jetzt ist meine Seele öffentliches Eigentum, gläsern für jedermann zu Durchschauen. Und wieder befriedige ich diese Triebe – mit jedem Mausklick spüre ich millionenfach Augen und Hände auf meinem Körper. Vertrauen massenhaft missbraucht."

Text & Photo from the album "Comments on modern Society" by Chris Neumann 2012

In diesem Motiv habe ich einige meiner Gedanken zum leichtfertigen Umgang mit privaten, intimen und vertraulichen Fotos thematisieren. Nie zuvor war es einfacher, jede Situation, jeden Moment mit einem schnellen Schnappschuss festzuhalten. Nie zuvor war allerdings auch die Gefahr größer, die Kontrolle über diese Zeugnisse zu verlieren. Das eigene unachtsame (Fehl-)Verhalten ist ein erster Schritt. Die größte Bedrohung für das Recht auf seelische und körperliche Selbstbestimmung lauert jedoch da, wo sie meist zuletzt vermutet wird: Beim ersten Freund/der Freundin, beim Ehemann/der Ehefrau oder bei der heimlichen Liebschaft. Liebe gut, alles gut - solange bis blinder Hass, maßlose Enttäuschung und rasende Wut aus einer Versuchung eine Tat werden lassen!



38 Ansichten0 Kommentare
bottom of page