Blind Date on Market Street
Aachen, Germany
Aufgeregt schaut sie immer wieder auf die an diesem Abend wenig belebte Straße am Markt, vor dem kleinen Cafè, das Schauplatz dieser Geschichte werden soll. Konnten die anderen Gäste ihre Unsicherheit sehen – verstohlen schaut sie immer wieder durch den Raum. Wie würde es sein, ein Treffen, ohne sich vorher jemals gesehen zu haben? Ein Wagnis, das sie sich in früheren Jahren nie hätte vorstellen können. Heiligen die letzten 20 Jahre als aufopferungsvolle, treusorgende Ehefrau und Mutter alle Mittel? Das Kölsch-Schuss in ihrem Glas ist schon lange schal und den abschätzenden Blick der Kellnerin ignoriert sie einfach. Der Blick auf das Smartphone, in dessen dunklen Display blass die Uhrzeit schimmert, lässt die Anspannung steigen. Noch zwei Minuten. Dann müsste er kommen - ihr erstes Blind-Date. Wahrscheinlich ist sie sowieso verrückt, so etwas zu tun – und das in ihrem Alter. Äußerlich hat sie das Bestmögliche aus sich gemacht, sich nach Jahren das erste Mal so richtig in Schale geworfen. Dem heimischen Kleiderschrank entstammt die elegante, verführerische Stil-Variante. Eine mit einer offensichtlichen aber noch vertretbaren Portion weiblichem Sex, bei der die allgegenwärtigen körperlichen Problemzonen zugunsten der noch vorzeigbaren Attribute für den ersten Moment in den Hintergrund treten sollten. Früher wusste sie um den eigenen „Marktwert“ beim männlichen Geschlecht. Früher. Aufkommende Zweifel an der Richtigkeit dieses Treffens finden ein jähes Ende, als ein blonder junger Mann zielstrebig ihren Tisch am Fenster zur Marktstraße zusteuerte und wortlos auf dem Stuhl gegenüber platznimmt. *Der ist ja viel zu jung für mich*, kann sie gerade noch denken, als er sein Handy aus der Hemdtasche holt, und beginnt, eine SMS zu schreiben. *Auch das noch, jetzt blockiert der meinen Tisch*. Sie wird immer nervöser. Die auffallend große und eben noch akkurat drapierte Halskette über ihrem Dekolletee schürte ihr fast die Luft ab. Mit abweisenden Blicken versucht sie den Mann vom Tisch zu vertreiben. Endlich steht er wieder auf und eilt aus dem Cafè. „Ich beobachte Sie bereits eine Weile, und dafür möchte mich bei Ihnen entschuldigen.“ Vor ihrem Tisch steht ein atemberaubend gut aussehender Mann, der sie mit einem gewinnenden Lächeln betrachtet. „Sie sind wildblume68, richtig? Mein blind date?“ […to be continued]